MAYA SCORPION KING.

Der Skorpion glänzt tiefschwarz im Sonnenlicht. Sein Stachel zielt bogenförmig in Kopfrichtung. Flink bewegt er sich eng entlang der Stufe. Hält inne. Richtet sich bedrohlich auf. Verharrt. Das ist die Foto-Gelegenheit für alle auf ihn herab gesenkten neugierigen aufgeregten Blicke.

Steinernes Rechteck auf Rechteck erhebt sich die Pyramide. Hellgrau, Anthrazit, schwarz. Satter grüner Urwald greift nach ihr. Pinke Blüten konkurrieren, buhlen um die Aufmerksamkeit bunter leicht umher flatternder Schmetterlinge. Palmen mit und ohne Kokosnüsse, spreizen große geschlossene Wedel von sich. Natürliche Dächer. Verkäufer allerlei Nippes aufgereiht wie Perlen einer Kette schutzsuchend vor Sonne und Regen drängen sich unter den in dunklem Grün glänzenden Blättern. Blendend weißer grobkörniger Kies schlängelt sich dem Eingang entgegen.

Die große Anlage Palenque beherbergt eine Vielzahl mehr oder weniger erhaltener Maya-Bauten. Ein schultertiefer Tunnel führt ins Innere der ersten Pyramide. Tropfen fallen geräuschvoll auf den Boden. Nasses Klatschen. Einige Tierchen verschwinden geräuschlos in tieferen Stein-Furchen. Die Luft ist alt, warm, dünn. Grabhöhlen liegen leer in dämmrigem Licht. Vier Kleine säumen eine Große mittig. Ein steinerner Sarkophag mit halbgeöffnetem schwerem Deckel füllt diesen mittleren Raum beinahe vollständig aus. Seine handbreiten Wände verhinderten Eindringen wie Ausdringen gleichermaßen. Der rote Sarg. Sein Name verrät seine Farbe. Einem ewigen Thron gleich ruht er in seinem feuchten Grab. Tonnenschwer. Ehrfurcht erregend.

Die Welt ausserhalb der Gruft strotzt vor Sonnenlicht, Wärme, Leben. Ineinander greifende speckige Steine bilden Stufe um Stufe. Strotzen vor Feuchtigkeit. Trotzen senkender Sonne. Rutschgefahr. Der Gipfel ist unendlich viele Stufen entfernt. Ich stoße mich mit dem linken Fuß ab, stütze mich auf den Rechten und erklimme die nächste kindsgroße Stufe. Schwitze. Stöhne. Wieder eine Stufe. Meine Expedition findet im Gipfelsturm ihr Ende. Die Anlage erstreckt sich würdevoll vor mir. Winzige Menschen irren wie Ameisen in einem Labyrinth umher. Sind stets bemüht. Bemüht um das beste Abbild des Gesehenen. Ich setze mich, trinke Wasser und halte inne.

31. Dezember 2013