CHEERS, SKÅL, PROST.

Eine Kanadierin, eine Norwegerin und eine Deutsche, gemeinsam sitzen wir vor prasselndem Kaminfeuer in weihnachtlicher Atmosphäre über den Wellen des Lago di Atitlan. Cheers, Skål, Prost, Weingläser klingen.

Reiseerinnerungen und Tipps wechseln ihre Besitzer. Nicaragua, da musst du hin. Vor mir eine dampfende Zuppa de Vegetariana, dazu eine tönerne Schale Salat, wunderbar pikanter Guacamole und gegrillter Shrimps. San Pedro, verschlafenes Fischerdorf am Lago di Atitlan. Die Straßen sind ruhig, die Ausländer kommen zumeist um Spanisch zu lernen, verweilen oft mehrere Wochen. Hier finden sich die günstigsten Unterkünfte, das Essen schmeichelt dem Gaumen und die Sonne erwärmt das Herz. Warum also nicht etwas bleiben. Die Tage sind kurz, jedoch intensiv.

Oben auf dem Berg ist Markt. Die Straße verschwindet unter seinen Ständen. Süße, säuerliche, leichte, schwere Gerüche liegen in der Luft, vereinen sich. Waren präsentieren sich auf Planen, in Plastikschalen, auf Stövchen. Dolchgrosse satt-orange Karotten, Habaneros dunkelgrün, feuerrot, frisch und getrocknet. Dazwischen Schuhe, Kinderwägen, singende-bauchwippende Weihnachtsmannfiguren. Fangfrisches Seefood, Schuppen flirren in der Luft, als die Stahlbürste grob die Fischhaut freilegt. Hunderte kleine in der Sonne schillernde Regenbogenblättchen. Shrimpsanhäufungen türmen sich pyramidengleich. Junge Mädchen gehen alten Frauen flink zu Hand. Schütteln Plastiktüten auf, schaufeln trockene tiefbraune Bohnen hinein. Die kleine silberne Waagschale saust hinab, der unruhig ausschlagende Zeiger bestätigt, ausgependelt, das exakte Gespür für Gewicht. Ein Chickenbus, groß und wuchtig, wundervoll bemalt quält sich die Straße herauf. Schalen, Töpfe und Planen geben den Weg frei. Das Vehikel aus den 1960er Jahren, Typ “alter amerikanischer Schulbus”, ächzt vorüber.

Unten am See wird Kleidung gewaschen. Schnell ziehen fleißige Hände Stoffstücke durch das kühle Wasser, reiben sie über Waschzuber. Raue, geschundene Haut. Hüfttief stehen die Frauen im See. Wäscheberge türmen sich auf. Ein Stück weiter, hinter Büschen verborgen, wandelt sich der See zum Badezimmer. Eine Mutter schrubbt Kind für Kind sauber. Daneben ein älterer Mann, Haare waschend, ulkt er in Richtung Kinder, Schaumberg auf dem Kopf, Schaum am Kinn.

Der See erstrahlt in kühlen klaren Mondlicht. Vollmond. Klirrende Gläser. Cheers, Skål, Prost.

25. Dezember 2013