BÜFFELBÖRSE.

Helle glasige Augen blicken unter dichten langen Wimpern hervor. Garstige Fliegen tippeln tastend über kurze helle borstige Haare. Saugen salzige Tränen auf. Setzen sich im Augenwinkel fest. Der kräftige muskulöse Wasserbüffel reckt mit weit geöffnetem Maul den Kopf in die Höhe. Der Ring in seiner Nase zerrt, geführt durch die Hand seines Besitzers.

Die Muskeln des prächtigen Tieres bewegen sich: spannen – entspannen. Die Hufen versinken im, vom monsunartigen Regenschwall, aufgeweichten erdigen Boden. Beeindruckende Hörner ragen empor, heben sich hell vom mittlerweile tiefblauen Himmel ab. Der Teufel selbst könnte keine schöneren Hörner haben. Ganz gerade, waagrecht und schwer wachsen sie aus dem Schädel. Formen jedoch im letzten Drittel einen nahezu rechteckigen Knick und verjüngen sich zu einer Spitze. Wie Jahresringe wechselt darauf helles Creme dunkles Beige ab. Das Horn glänzt speckig.

Der Kopf mit intensiv hellblauen Augen hebt sich geisterartig vor dem dunkeln Körper ab. Die helle Haut ist gerötet, schält sich in dünnen Schichten. Speichel zieht lange Tropfen-Fäden. Geduldig mahlmt der Unterkiefer die gereichten Halme. Einige segeln sanft zu Boden. Ohne Hast schaukelt der Büffel vor und zurück, tänzelt beinahe. Ein jäher Knall. Zack zack peitscht der Schweif über des Bullen Körper. Die Garstigen schwirren entrüstet auf. Surren. Ein Blinzeln lang, bevor sich sich wieder niederlassen.

Knapp dreistellig ist die Anzahl der dargebotenen Büffel. Die Büffelbörse Rantepaos, so scheint es. Hier werden die Büffel für Beerdigungen ausgewählt. In grobe Tücher und verzierte Sarongs gekleidete Männer rotzen grünen Schleim auf den erdigen Boden. Tippen einander anstiftend auf die schmale Brust. Gebärden sich. Zähes Feilschen. Das Stimmengewirr hebt sich tönend in die Luft und ebbt weider ab, um erneut zu einem Höhepunkt aufzusteigen.

Die Büffel, die hier gekauft werden, representieren den sozialen Rang des Verstorbenen, auf dessen Beerdigung sie geopfert werden. Weisse Büffel sind besonders wertvoll. Noch wertvoller mit klaren Augen und leuchtenden Hörnern. Windet sich ein Horn entgegen der Richtung des Anderen, steigt der Wert um ein Vielfaches. Mancher Büffel steht so im Wert einem Kleinwagen in nichts nach.

Bis zu ihrem letzten Atemzug leben diese Rinder ein vertäumtes, wohlbehütetes, fast königliches Leben. Niemals werden sie auf dem Feld zum Einsatz kommen, gar einen Karren ziehen. Sie werden gebürstet, manchmal gekrault und stets anständig gefüttert. Als Geldanlage überdauern sie so gemächlich ihre Zeit. Ihre Bestimmung ist es den Verstorbenen in ein Leben danach zu geleiten. Der Weg ist steinig, besonders aus den Hochebenen des Tana Toraja Landes heraus. Berge müssen erklommen und Täler durchschritten werden.

Wird ein Verstorbener mit hohem sozialem Rang beerdigt, benötigt er weit mehr als 20 Wasserbüffel um diesem gerecht zu werden. Angehörige, Freunde und Abschiednehmer schenken Büffel, Schweine und Hühner. Jeder so viel er kann. Und etwas mehr. Kein Wunder, dass viele Familien hoch verschuldet sind. Die sozialen Verbindlichkeiten verpflichten. Und erhalten die Tradition der Tana Toraja bis heute.

31. Januar 2015