BUDDHAS WISPERN.

Oben an der Ampel zählt eine digitale Uhr die Sekunden bis zur Grünphase ab. Orangner allgegenwärtiger feiner Staub umnebelt sanft den zerbeulten Toyota. Der Taxifahrer singt inbrünstig einen mir unbekannten in meinen Ohren scheppernden Song.

Draußen rauschen wackelige Bambushütten, klapprige Pferdekarren, nussbehangene Palmen, raufende Hunde, knatternd-knallende Motorräder, winzige Marktstände und jede Menge Menschen vorbei Die Luft liegt warm und schwer, angefüllt mit dem Geruch von auf Erde treffendem Regen.

Träge, satt, ockerfarben, ausladend breit umschlängelt der Ayeyarwady in seinem flachen sandigen Bett den kleinen Ort Pyay. Stetige Lebensader, nützlicher Waschplatz, Bewässerungssystem und Handelsweg zugleich. Dicht gedrängte Bambushütten wiegen sich auf hohen Stehlen an seinen Ufern. Windschief klammern sie sich fest um nicht der nächsten Flut zu erliegen. Die Regenzeit beginnt.

Leises helles metallernes Klingeln. Ein sanfter Empfang. Goldene Glöckchen tanzen anmutig zu ihrer Melodie im Wind. Heiliger Ort. Andächtig schleicht sogar der zarte Wind über die marmornen Bodenfliesen. Zieht die aufsteigende Hitze mit sich, wirbelt die leichten Blättchen des erhabenen Schattenspenders auf. Diffuses Rascheln stimmt in den Glöckchenkanon ein. Ich lehne mich an den rissigen Stamm, strecke meine Glieder von mir und schließe die Augen. Der Wind trägt die Melodie, trägt meine Gedanken, trägt die Hitze hinfort.

Monotones Murmeln. Gebete finden ihren Weg zum Ohr des riesigen Buddhas. An seinen Füßen kauern zwei Alte. Heben andächtig die Stirn. Wiegen sich zum Klang der Glöckchen. Ein Kind huscht über den Marmorboden. Die nackten Füße gleiten, ja, schweben nahezu über die Platten. Gelbes Tanaka brökelt über das schmale Gesicht des Mädchens. Die Paste aus Rindenpulver verziehrt kunstvoll Stirn und Wangen. Schutz vor Sonne inklusive.

In der Nähe dröhnt eine der mannsgroßen aufgereihten Glocken. Gläubige Hände umfassen den schweren Holzstab, holen aus, schlagen zu. Das Holz trifft erneut das Metall. Der Ton ist tief und irgendwie dumpf, übertönt einen flüchtigen Augenblick das feine Klingen aus den Turmspitzen der Pagode. Der Ton verhallt. Zurück ist das Flüstern und Klingen.

18. Mai 2015