BOARDING COMPLETED.

Eine mit dickem rotem Filzer aufgetragene Markierung weißt mich darauf hin: In dreißig Minuten startet das Boarding, Zielort Guatemala City. Die Fluggäste strömen ferngesteuert und zügig zum Gate, umschiffen dabei andere Mitfliegende, Gepäckstücke und Stuhlreihen.

Zwei Männer Steuern dabei aus unterschiedlichen Richtungen auf das Ende der Schlange zu, taxieren sich und beschleunigen ihren Schritt. Grimmig blickend erreichen sie zeitgleich das Ziel. Kurzes Innehalten. Der kleinere von beiden lässt schließlich den Kopf sinken, tritt einen Mini-Schritt zurück und bedeutet seinem Gegenüber per winkender Handbewegung den Vortritt.

Der Erste sein. In dieser leistungsorientierten Zeit ein hegeres Ziel. Sogar am Gate. Die bunte Menschenschlange wickelt sich bereits in mehreren Schleifen um die Sitzreihen. Familien tummeln sich besonders gern an vorderster Front. Eine müde wirkende Mutter beruhigt das quengelnde Kleinste. Eine Andere zerrt ihren trotzigen Sohn Richtung Übergang. Irgendwo weint ein Kind.

Das Paar neben mir packt hastig das Handgepäck um, um in der Reihe aufzuschließen. Meine Eile hält sich in Grenzen. Erster sein, um das Zeitschriften-Angebot ausschöpfen zu können? Erster sein, um das Handgepäck im Fach über dem eigenen Sitzt zu verstauen? Erster sein auf dem Sitzplatz. Und dann? Am längsten sitzen? Wenig anstrebenswert. Ich hoffe aktuell sogar darauf, nicht mit zu fliegen.

Die Durchsage kam plötzlich, kaum verständlich, scheppernd und mit amerikanischem Kaugummi-Akzent. Ich habe sie dennoch verstanden, in Windeseile meine Sachen zusammen gerafft und bin zum Counter gehastet. Für Reisende ohne Zeitdruck und oft auch magerem Budget kann nichts einladender sein, als die Überbuchung eines Flugs. Die Angestellte betrachtet mich mit einem verstehenden Blick und raunt ihrer Kollegin zu: She’s interested.

Jetzt bin ich an der Reihe. Doch diesen Flieger. Ausreichend Platz für alle.

14. Dezember 2013