SCHNAPSSCHWEIN.

SIEM REAP · CAMBODIA

Bedrohlich schwappt die klare Flüssigkeit in dem winzigen Gläschen auf und ab. Beinah erreicht sie den dicken, abgerundeten, leicht angeschlagenen Rand. Streift ihn kurz, fast sehnsüchtig, bevor sie zurück in den Bauch des kleinen durchsichtigen Gefäßes findet.

Zarter Wind streicht über sattgrüne Blätter. Raschelt im Gebüsch. Auf der Leine winkt mit kleinstem Auf-und-Nieder trocknende Wäsche. Der erfrischende Hauch verliert sich allzu schnell zwischen den niedrigen Hütten. Fernab aufgewühltes herzzerreissendes Kläffen. Eingelassen in den staubig-grauen Boden wagenradgroße gemauerte Mulden. Jede einzelne beherbergt eine schwere runde Metallpfanne. Darin brodelt und blubbert gallertartige weiße Masse. Alkohol-Geruch wabert aufdringlich durch die feuchtheiße Luft.

Hinterm Haus versumpft der staubige Boden. Dreckige Wasserpfützen nebst morastigen Flecken. Darüber eine zerfledderte Plastikplane. Darunter eine träge trächtige Sau. Gelassen dösend. Wonne im Dreck. Erst als wir nahe kommen rappelt sie sich schwerfällig auf. Grunzt begrüßend. Wankt bedächtig zum Trog. Genüsslich versinkt die behaarte zart glänzende Schnauze in weicher weißlichen Masse. Schmatzt. Kleckert. Schmatzt. Der Restalkohol im Futterbrei macht sie angenehm genügsam, stetig hungrig und lohnend fett. Mit florierender Reisschnaps-Produktion steigt auch die Schweinefleisch-Produktion. Der kleine Stall quillt über mit quiekenden Ferkeln.

Das Feuer lodert auf. Frischer Wind zieht unter dem Dach hindurch. Schubst den Reis. Korn um Korn um Korn kugelt die steile Anhäufung hinab. Die kleine Reis-Lawine kommt zögerlich zum Stillstand. Aufgetürmt auf einem gemauerten rechteckigen Sims. Dahinter ragen blecherne Wasserbottiche auf. Kühlen den schwelenden Reis. Schwerer Dampf entweicht über lange schmale Essen in den blassblauen Himmel.

Wohlwollend gärt der Reis in hölzernen Kübeln. Zurückhaltend, ganz vorsichtig bildet sich der begehrte Alkohol. Schluck für Schluck atemraubend. Magenbrennend. Klirrend stoßen wir unsere dünnen Gläschen aneinander. Ein Schwall Flüssiges entflieht über den brüchigen Rand. Tropft zu Boden. Prost. Schwungvoll rinnt das noch verbliebene Destillat unsere Kehlen hinab. Hinterlässt ein flüchtiges Kratzen und wohlige Wärme. Höchstprozentig.

5. August 2015